Benjamin Coulter
01.09.2025

Psychologie der Dankbarkeit

Ganz ohne Dankbarkeit ist jede Form des Zusammenlebens schlicht unmöglich.
Mit wenig Dankbarkeit wird das Zusammenleben schwierig.
Doch mit viel Dankbarkeit wird es ein Fest.


Es gibt einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Beziehungsfähigkeit und Dankbarkeit.

Wer viel Dankbarkeit lebt, hat es viel einfacher, gute Freunde zu finden. Und wer gute Freunde hat, dem fällt es auch leichter, dankbar zu sein.

Das eine stärkt das andere und umgekehrt.

So kann es zu einer positiven Rückkopplung kommen – das heisst: Es wird immer besser, besser und noch besser.

Dankbarkeit ist der Anfang einer Aufwärtsspirale, die uns auch aus einem tiefen Loch herausheben kann.


Es gibt auch einen nachweisbaren Zusammenhang zwischen Dankbarkeit und sozialer Intelligenz – unter anderem die Fähigkeit, Absichten anderer zu deuten und manipulatives Verhalten zu erkennen.
Dankbarkeit ist also nicht nur Lebensqualität, sondern auch Lebens- und Überlebensfähigkeit.

Und das Schöne ist: Dankbarkeit kann man üben.

Je mehr Dankbarkeit wir ausleben, desto besser werden wir darin.

Wie im Sport gilt: Übung macht den Meister.


Eine Studie der Indiana University1 hat Patienten untersucht, die an Depressionen oder Angststörungen litten – also Menschen, die es aus gesundheitlichen Gründen schwerer haben, dankbar zu sein.

Ein Teil dieser Patienten wurde während drei Wochen dreimal aufgefordert, jeweils 20 Minuten lang einen Dankesbrief für jemanden zu verfassen. Es war ihnen freigestellt, ob sie den dann auch absenden wollten.
Drei Monate später erhielten sie ein Geschenk. Dabei wurden sie befragt, wie dankbar sie sich fühlten. Zudem wurde untersucht, wie stark diese Geschenke ihre Hilfsbereitschaft anderen gegenüber beeinflussten, und mithilfe von fMRT-Scans wurde dabei gemessen, wie aktiv die Hirnregionen ausschlugen, die mit Dankbarkeit in Verbindung stehen.

Auf allen drei Ebenen zeigten die Patienten, die Dankesbriefe geschrieben hatten, deutlich stärkere Reaktionen auf das Geschenk als diejenigen, die nicht aufgefordert wurden, solche Briefe zu schreiben.

Das heisst: Sie haben sich insgesamt eine Stunde bewusst mit Dankbarkeit beschäftigt, und dies hatte zur Folge, dass es ihnen auch Monate später leichter fiel, Dankbarkeit zu empfinden.

1 Indiana University (2025): The effects of gratitude expression on neural activity